Auszeichnungen
Nominierung für Zuger Sportpreis und die Top Sportevents
In Baar werden nicht alltägliche Sportarten betrieben und damit internationale Titel errungen. Nachdem wir in der letzten Ausgabe Sport Stacking und Rhönrad vorgestellt haben, geht es in diesem Artikel um Rope Skipping und Kunstrad.
Wer in Irland Handball spielt, der tut dies nicht unbedingt zusammen in einem Team auf ein Tor, sondern alleine gegen eine Wand. Auch sonst ist die irische Sportwelt eine eigene. Auf der grünen Insel gibt es zum Beispiel volle Stadien beim Gaelic Football das nicht mit 11, sondern 15 Spielern bestritten wird und eine Mischung aus Fussball, Handball und Rugby ist. Grosse Tradition haben in Irland auch Sportarten wie Hurling, Camogie oder Rounders.
Ein klein wenig Irland findet sich auch in Baar. In der zweitgrössten Zuger Gemeinde werden leidenschaftlich Sportarten betrieben, die im Kanton oder auch der Schweiz nicht alltäglich sind. Beim Turnverein Baar war, wie es der Name vermuten lässt, das Geräteturnen lange die Paradedisziplin. Vor 25 Jahren stand aber plötzlich ein anderer Sport auf dem Programm: Rope Skipping – Seilspringen.
Was für viele nach einem alten Hut aus dem Schulsportunterricht klingt, ist eine Trend- und Wettkampfsportart. Sie wird einzeln, zu zweit oder in einer Gruppe ausgeübt. Die Disziplinen tragen Namen wie, Single Rope, Double Dutch, Wheel oder Speed. Je nach Disziplin und Anzahl Teilnehmende werden Seile mit unterschiedlicher Länge oder Materialbeschaffung verwendet.
Angi Etterli, vormals Leiterin im Geräteturnen, begeisterte sich vor 25 Jahren für das eigentlich traditionelle Sportgerät und brachte es in den Verein. «Damals fingen wir mit fünf Leuten an. Inzwischen sind es sieben Gruppen, drei Erwachsene und vier Kinder. Jetzt betreiben wir mit den Seilen Wettkampfsport», fasst sie die Geschichte von Rope Skipping im TV Baar zusammen.
Das Sprungseil sei das kleinste Fitnessgerät der Welt. «Es passt als Einzelseil in einen Reisekoffer.» Dazu komme, dass Rope Skipping sehr vielseitig sei und immer neue Kreationen und Ausführungen dazu kommen würden. «An einer Weltmeisterschaft sieht man schon Fünffachsprünge, es nimmt verrückte Dimensionen an», meint Angi Etterli. Die Begründerin der Gruppe Rope Skipping beim TV Baar betont, dass Seilspringen nach wie vor ein gutes Konditionstraining sei. Zusätzlich würden die Knochen durch die vielen Sprünge gestärkt.
«Rope Skipping ist für Turnvereine sehr geeignet.» In der ganzen Schweiz gibt es neun Wettkampfvereine, bei vielen anderen werde Rope Skipping als Übungsgerät verwendet. «Jede Schweizer Nationalmannschaft, egal in welcher Sportart, verwendet das Springseil», sagt Angi Etterli.
Rope Skipping muss sich in der Schweiz gegen ein beharrliches Cliché wehren: dass es eine Mädchen- und Frauensportart ist. Das ist auch beim TV Baar nicht anders: Gerade mal ein Mann betreibt wettkampfmässig Rope Skipping. «Pro Woche machen bei uns 120 aktiv beim Rope Skipping mit, wovon 30 Teilnehmende im Schulsport dabei sind, acht davon Buben.»
Vor kurzem holten sich 6 Baarerinnen an der Team-SM in der Kategorie ERSO den Schweizer Meister Titel . Im September fand in der Waldmannhalle der Swiss Jump Cup statt, bei dem alle Rope-Skipping-Vereine aus der Schweiz mitgemacht haben. Dieser Anlass war der Sendung «Sportpanorama» im Schweizer Fernsehen SRF ein Beitrag wert.
Ein anderer Verein in Baar ist ebenfalls gewohnt, Schweizer Meistertitel zu ergattern. In der Juniorinnenkategorie gab es dieses Jahr auch Medaillen an der Europameisterschaft. Aber es kommt noch besser: An den Rad-Weltmeisterschaften in Glasgow im vergangenen August gewannen die Baarerinnen Vanessa Hotz, Stefanie Moos, Carole Ledergerber und Flavia Schürmann WM-Gold im 4er-Kunstradfahren.
Bei dieser Sportart gibt es die Disziplinen 1er-, 2er- 4er- oder 6er. Im Einzel oder der Zweierkategorie werden ähnlich dem Kunst- oder Geräteturnen Übungen auf einem und zwei Fahrrädern vorgeführt, zum Beispiel Handstände auf Sattel und Lenker. Bei den Vierern und Sechsern nutzen die Sportlerinnen und Sportler je ein eigenes Rad. Hier steht das synchrone Figurenfahren der Teilnehmenden im Vordergrund.
«Am Anfang steht meistens das Einrad», erklärt Flavia Schürmann, einer der 4er-Weltmeisterinnen, den Einstieg in den Kunstradsport. Auch in Baar habe es vor der der Gründung des Kunstrad-Vereins zuerst Einradrennen gegeben. Auch beim Schulsport Baar würden Interessierte in dieser Reihenfolge herangeführt. Kunstrad Baar hat aktuell etwa 30 aktive Sportlerinnen im Alter zwischen 5 und 27 Jahren . «Wir würden es gerne sehen, wenn auch Buben oder Männer mitmachen würden», sagt Flavia Schürmann, die im Verein auch Trainerin und Vorstandsmitglied ist.
Kunstrad Baar hält die Fahne des ästhetischen Sports als eine der wenigen Vereine in der Schweiz hoch. «Früher gab es noch viele mehr, aber leider haben viele aufgehört, das ist schade», erklärt Flavia Schürmann. Denn Kunstradsport sei für einen Sportverein sehr geeignet. «Die Atmosphäre ist sehr familiär. In der 1er-Kategorie kommt echte Konkurrenzstimmung auf, 4er- und 6er sind umgekehrt lässige Sportarten für die Gruppe.» Populär ist die Sportart nach wie vor in Deutschland, Tschechien und der Slowakei.
Das Kunstrad ist ein meist handgefertigtes Spezialrad. Es ist mit Spezialreifen ausgestattet, was eine sichere Bodenhaftung auf ebener Fläche garantiert. Eine starre 1:1-Übersetzung ermöglicht schnelles Anfahren und Bremsen, ausserdem ist durch den Starrlauf auch Rückwärtsfahren möglich. Lenker und Sattel sind so beschaffen, dass man mit Gymnastikschuhen auf ihnen stehen kann.
Für die Kunstradfahrerinnen steht noch der Weltcupfinal an, bevor die neue Saison für die Kinder bereits im Dezember und Januar wieder beginnt.
Renato Cecchet
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