Menzingen
Kirchenorgel spielt zu ihrem 20. Geburtstag selbst auf
Nationalrat Thomas Aeschi zusammen mit seiner Partnerin, Gemeinderätin Valeria Geissbühler, beim Wandern im Alpstein. Foto: zvg
Nationalrat Thomas Aeschi von der SVP möchte bei den Eidgenössischen Wahlen im Herbst wiedergewählt werden. Im Vorfeld haben wir mit ihm gesprochen. Dabei kamen Themen abseits des politischen Tagesgeschehens zur Sprache.
In der Presse wurden Sie unter andrem als Zuger Wahllokomotive für die Nationalratswahlen bezeichnet. Sind Sie jemand, der vorangeht und den anderen zeigt wo’s langgeht?
Als Ältester von drei Brüdern habe ich schon früh gerne Verantwortung übernommen. Ich bin dankbar, dass mir viele Menschen immer wieder Vertrauen geschenkt und mir Verantwortung übertragen haben. Seit bald zwölf Jahren darf ich die Zuger Bevölkerung in Bern vertreten und seit sechs Jahren bin ich als Präsident der grössten Bundeshausfraktion für die Vorbereitung aller parlamentarischen Vorlagen verantwortlich. Das erfüllt mich mit Freude, aber auch mit dem Bewusstsein grosser Verantwortung.
Welche Eigenschaften muss für Sie ein Politiker haben?
Als Zuger Nationalrat vertrete ich die Interessen der Zugerinnen und Zuger. Es ist wichtig, die Anliegen der Bevölkerung zu kennen, ein offenes Ohr zu haben und sich in Bern auch dafür einzusetzen. Gleichzeitig braucht man als Politiker viel Durchhaltevermögen, denn viele politische Anliegen benötigen in unserem System mehrere Jahre, bis sie umgesetzt werden können.
Eines Ihrer Hobbies ist das Reisen. Wenn Sie nur noch einmal reisen dürften, wo hin würde die Reise gehen?
Überzeugt sage ich: Es gibt kein schöneres und vielfältigeres Land als die Schweiz, wo wir dank der direkten Demokratie selber bestimmen können, welche Regeln für unser Zusammenleben gelten. Deshalb müssen wir zu unserer Heimat auch Sorge tragen! Eine letzte Reise würde mich vielleicht ins bündnerische Valsertal, ins tessiner Bavonatal, ins walliser Binntal oder via Gnipen auf den Wildspitz führen.
Wo möchten Sie am liebsten leben, ausser im Kanton Zug?
Da meine Partnerin aus dem Kanton Schwyz kommt und dort als Gemeinderätin das örtliche Bauamt leitet, würde ich den Kanton Schwyz wählen. Nicht nur grenzt dieser an vier Zuger Gemeinden, ich müsste weder auf die Berge noch auf den See des Zugerlandes verzichten.
Sie sind Mitglied im Bocciaclub Zug Bellevue. Was verbindet Sie mit diesem Spiel und kommen Sie überhaupt noch dazu, es zu spielen?
Ich bin über Jules Schlosser aus Baar und den vor knapp einem Jahr verstorbenen Dr. Hans Durrer aus Walchwil zum Bocciaspiel gekommen. Leider komme ich sehr selten zum Spielen, doch die benötigte Konzentration und Präzision bei diesem Spiel, das schon von den Griechen und Römern gespielt wurde, fasziniert mich sehr.
Das Boccia-Spiel wird zu den sogenannten Präzisionssportarten gezählt. Würden sie sich als einen genauen Menschen bezeichnen?
In der Politik braucht es beides: Einerseits gibt es Aufgaben, die nach dem sogenannten Pareto-Prinzip erledigt werden können, das heisst 80 Prozent des Ergebnisses werden mit 20 Prozent des Aufwandes erreicht. Andererseits erfordert die Politik auch eine sehr präzise Arbeitsweise, zum Beispiel wenn Gesetzesanträge formuliert werden, die später das tägliche Leben von Millionen von Menschen beeinflussen.
Gleich in zwei Vereinen der Feldmusik sind Sie Mitglied, nämlich in Allenwinden und Baar. Was ist für sie das Besondere an der Feldmusik?
Schon als Ministrant in der Kirche St. Wendelin in Allenwinden durfte ich an hohen kirchlichen Feiertagen der stimmungsvollen Feldmusik zuhören. Als ich später nach Baar zog, wurde ich auch bei der Feldmusik Baar Passivmitglied. Es ist nicht selbstverständlich, dass solche Vereine im Milizsystem weiterhin genügend Nachwuchs finden. Umso mehr freut mich, dass beide Vereine wieder vermehrt Neumitglieder begrüssen dürfen und auf einem hervorragenden Niveau musizieren.
Welchen Stellenwert nimmt die Musik in Ihrem Leben ein?
«Musik kann die Welt verändern», hat Ludwig van Beethoven gesagt. Auch ich glaube, dass musikalische Bildung für die Entwicklung von jungen Menschen sehr wichtig ist, denn Musik verbindet Menschen. Persönlich höre ich gerne harmonische Musik – vor allem klassische Musik, Ländlermusik, Jodelchöre, Alphornklänge und das Schwyzerörgeli.
Haben Sie Lieblingskomponistinnen oder -Komponisten?
Als Klavierschüler spielte ich in meiner Jugend vor allem Bach, Beethoven und Mozart. Doch auch das Coldplay-Konzert anfangs Juli im Letzigrund gefiel mir sehr.
Welches Buch lesen Sie gerade?
Das wohl spannendste Buch zur Gründung des Bundesstaates von 1848 hat Rolf Holenstein mit «Stunde Null» geschrieben. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war unsicher, dass sich die Schweiz als freies und unabhängiges Land behaupten kann. So schrieb die Frankfurter Zeitung 1814, dass die Schweiz «von nun an wieder ein Teutscher Kreis» sei, denn «wahrlich, es ist die höchste Zeit, dass die Schweiz einen Herrn bekommt.» Erst mit dem Wiener Kongress garantierte die Pentarchie, die Fünfmächteherrschaft gebildet aus Preussen, Österreich, Grossbritannien, Frankreich und Russland, der Schweiz die immerwährende bewaffnete Neutralität und die Unverletzlichkeit Ihres Gebiets.
Welchen Fehler verzeihen Sie ihren Mitmenschen nicht und welchen am ehesten?
In der Politik muss man ein Menschenfreund sein. Somit habe ich grosses Verständnis für jeden meiner Kollegen im Parlament, der auf andere Weise das Beste für die Schweiz zu erreichen versucht. Jedoch nur schwer verzeihen kann ich Personen, die mein Vertrauen missbraucht haben.
Welche Persönlichkeit aus der Geschichte wären sie gerne und warum?
Es gibt sehr viele historische Persönlichkeiten, die ich gerne kennenlernen möchte – sei es Niklaus von Flüe, der einst die zerstrittenen Kantone einte, General Dufour, der im Sonderbundskrieg eine Strategie mit möglichst wenigen Opfern verfolgte oder auch Ulrich Ochsenbein, der bei der Gründung des modernen Bundesstaates von 1848 eine wichtige Rolle einnahm. Doch mit diesen Personen mein Leben tauschen, das möchte ich dann doch lieber nicht, denn ich lebe gerne im Hier und Jetzt und übe mein Mandat als Zuger Nationalrat mit viel Freude aus.
Können sie sich ein Leben ohne Politik vorstellen?
Als Politik wird die Gesamtheit aller Massnahmen bezeichnet, die sich auf die Führung einer Gemeinschaft respektive eines Staates beziehen. Da mich solche Fragestellungen bereits als Jugendlicher beschäftigt haben, werde ich wohl immer ein politisch denkender Bürger bleiben. Im Moment würde ich mich aber vor allem über eine Wiederwahl als Zuger Nationalrat freuen, denn mit der Abschaffung der Heiratsstrafe, dem Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung und der Sanierung der Bundesfinanzen stehen in Bern wichtige staatspolitische Entscheide an.
Uwe Guntern
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