Wohnungsnot
Strategie des Kantons Zug wirkt zu zögerlich
Politische Parteien und Organisationen im Kanton Zug sollen ihre Spenden offenlegen müssen. Foto: AdobeStock
Die Nebengeräusche rund um die Wiederholungsabstimmung über die Transparenz-Initiative und den Gegenvorschlag im Kanton Zug scheinen im Vorfeld lauter zu sein als die Abstimmungsvorlage selbst.
Am 22. September wird im Kanton Zug über die Verfassungsinitiative für die Offenlegung der Politikfinanzierung (Transparenz-Initiative) und den Gegenvorschlag des Regierungsrats abgestimmt – zum zweiten Mal.
Infolge festgestellter Unregelmässigkeiten bei der Auszählung der Stimmzettel beschloss der Regierungsrat, die erste Abstimmung vom 9. Juni für ungültig zu erklären und den neuen Abstimmungstermin auf den 22. September festzulegen. Rund um diese Abstimmung gibt es drei Dinge, die im Vorfeld der zur zweiten Abstimmung zumindest ein wenig nachdenklich stimmen.
Im April hatte die Regierung auf Wunsch der zwei grössten Zuger Einwohnergemeinden einer Neugestaltung des im März verabschiedeten Stimmzettelbogens zugestimmt. Ausgefüllt werden mussten drei Fragen: Ja/Nein zur Transparenz-Initiative, Ja/Nein zum Gegenvorschlag und die Stichfrage, welche Vorlage bei zweimaliger Zustimmung angenommen werden soll. Die Gemeinden baten, zwischen den einzelnen Fragen Perforierungen vorzunehmen. Dies würde insbesondere in Bezug auf die Abstimmung zur Transparenz-Initiative, deren Gegenvorschlag und der Stichfrage zu einer einfacheren Handhabung führen.
In den Urnenbüros der Zuger Gemeinden sind beim Auszählen dann aber Fehler passiert. Weil es neben der Abstimmungsfrage zur Initiative auch einen Gegenvorschlag und eine Stichfrage gab, mussten die Stimmbügerinnen und Stimmbürger drei einzelne Zettel ausfüllen. Nur wenn alle drei Zettel abgegeben wurden, sei die Stimme gültig. Das habe beim Auszählen zu Problemen geführt. Teilweise wurden unvollständige Couverts nicht aussortiert.
«Der entscheidende Moment – das Öffnen der Stimmzettelcouverts und die damit einhergehende Prüfung auf Vollständigkeit, das heisst das Vorliegen sämtlicher Teilstimmzettel, liess und lässt sich im Nachhinein nicht rekonstruieren», heisst es in einer Mitteilung des Kantons Zug. «Diese Umstände führten schliesslich zum sofortigen Entscheid des Regierungsrats, die Abstimmung für ungültig zu erklären.» Und am 22. September neu anzusetzen.
Lanciert wurde die Initiative von der Jungen Alternative Zug. Die Initianten müssen ihr Vorliegen jetzt ein zweites Mal an die Urne bringen, das heisst auch ein zweites Mal eine Abstimmungskampagne führen. Das kostet. Und die Initianten können nichts dafür, dass in einigen Zuger Gemeinden bei der ersten Abstimmung falsch ausgezählt wurde. Trotzdem tragen sie die Kosten für die Neulancierung. Die Regierung hat bekannt gegeben, dass der für das Initiativkomitee entstandene Schaden nicht übernommen wird. Denn: Es fehle an einer gesetzlichen Grundlage um in so einem Fall entstandenen Schaden aus der Staatskasse zu vergüten.
Die Junge Alternative müsste juristisch selbst tätig werden, um Aussicht auf eine mögliche Entschädigung zu haben. «Für die Frage einer Entschädigung gilt es zu prüfen, ob den Kanton vorliegend eine Haftung trifft. Diese richtet sich nach dem Gesetz über die Verantwortlichkeit der Gemeinwesen, Behördenmitglieder und Beamten», schreibt die Regierung in einer Antwort.
Die von der Jungen Alternative Zug lancierte Kampagne zur Transparenzinitiative sei von hohen Kosten und einem grossen Einsatz an Freiwilligenarbeit geprägt, schreiben die Initianten in einer Mitteilung. Die Gesamtkosten der ersten Kampagne beliefen sich auf knapp 14‘000 Franken Materialkosten – und unzählige Stunden ehrenamtliche Arbeit.
Für das Abstimmungskomitee bedeute der Entscheid der Regierung, dass es die Kosten für den entstandenen Schaden selber tragen und zudem einen zweiten Abstimmungskampf durchführen müsse – obwohl kein Verschulden des Komitees vorliege. Junge Menschen hätten insgesamt über 500 Stunden freiwillige Arbeit geleistet, die nun keine Entschädigung erfahre– obwohl die Regierung für die Wiederholung der Abstimmung verantwortlich sei.
Falls das Abstimmungskomitee nun den Kanton Zug haftbar machen möchte, müsste eine solche Klage bei der Sicherheitsdirektion eingereicht werden. Die Direktion müsste den Anspruch prüfen und eine Stellungnahme abgeben, ob die Voraussetzungen für eine Haftung gegeben sind und somit der Kanton den Anspruch anerkennen kann oder ob dieser ganz oder teilweise bestritten werden muss.
Um die grossen finanziellen Herausforderungen zu stemmen, lanciert das Abstimmungskomitee ein Crowdfunding. «Damit soll nun ein weiteres Mal eine sichtbare Kampagne finanziert werden, um die Stimmbevölkerung von der kantonalen Transparenzinitiative zu überzeugen», schreibt das Komitee.
Neben dem ganzen Aufwand und der Neufinanzierung muss sich das Initiativkomitee auch fragen, ob sich der Aufwand für eine Wiederholungsabstimmung generell lohnt. Denn obwohl die erste Abstimmung am 9. Juni für ungültig erklärt wurde, ist das Resultat der Abstimmungsprotokolle offengelegt worden. Die Transparenzinitiative wäre mit 20’251 Nein- zu 16’880 Ja-Stimmen abgelehnt worden. Mit 20’159 Ja- zu 16’554 Nein-Stimmen wäre der Gegenvorschlag angenommen worden. Bei der Stichfrage obsiegte der Gegenvorschlag mit 20’790 Stimmen zu 14’921 Stimmen für die Initiative.
Dass sich das Resultat wiederholt, scheint ziemlich wahrscheinlich. Oder doch nicht? Könnten die ganzen Unstimmigkeiten dazu führen, dass plötzlich Zugerinnen und Zuger in eine Art Trotzreaktion verfallen und sagen: «Denen da oben zeigen wir es und stimmen jetzt beim zweiten Durchgang für die Initiative.» Oder gehen bei zweiten Abstimmungstermin weniger Stimmbürgerinnen und Stimmbürger an die Urne, weil sie sagen. «Das Resultat steht eh schon fest, warum soll ich mir die Mühe noch einmal machen?»
Bei einem Teil der Gegner der Transparenzinitiative will man sich nicht auf den Zufall verlassen. FDP und SVP haben für die erneute Abstimmung für den Abstimmungskampf zusammengespannt.
Renato Cecchet
Transparenz-Initiative und Gegenvorschlag
Darum geht es: Politische Parteien und Organisationen im Kanton Zug sollen ihre Spenden offenlegen müssen: Firmenspenden ab 1000 Franken und Privatspenden ab 5000 Franken. Zudem müssten bei Annahme der Initiative alle Politikerinnen und Politiker deklarieren, in welchen Organisationen, Verbänden oder Vereinen sie sich engagieren.
Lanciert wurde die Initiative von der Jungen Alternative. Für ein Ja engagieren sich auch ihre Mutterpartei, die Alternative – die Grünen, SP und Juso und die Gewerkschaft VPOD.
Alle anderen grösseren Parteien sprachen sich für den Gegenvorschlag der Zuger Regierung aus. Dieser sieht vor, dass in der Verfassung nur festgehalten wird, dass die Parteien im Kantonsparlament ihre Spenden deklarieren müssen – ohne ins Detail zu gehen.
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