Menzingen
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Das Bauernhaus Deubühl in Baar kann auf eine über 300-jährige Geschichte zurückblicken und kann besichtigt werden. Foto: Regine Giesecke
Am Wochenende vom 9. und 10. September finden in der Schweiz die Europäischen Tage des Denkmals statt. Im Kanton Zug stehen 13 Programmpunkte zur Auswahl, vom Begehen eines 500-jährigen Hauses bis zum historischen Workshop.
Die Europäischen Tage des Denkmals in der Schweiz werden jährlich als nationaler Beitrag zu den europaweiten European Heritage Days durchgeführt. Jeweils am zweiten Septemberwochenende finden hunderte Veranstaltungen in der gesamten Schweiz statt. Das Programm umfasst Führungen, Atelier- und Baustellenbesichtigungen, Exkursionen und verschiedene andere Veranstaltungen zu den Themenbereichen Baukultur, Denkmalpflege, Architektur, Archäologie und Brauchtum.
In der Schweiz werden die Europäischen Tage des Denkmals, die in allen 50 Ländern Europas stattfinden, seit 1994 begangen und von der Nationalen Informationsstelle zum Kulturerbe NIKE auf nationaler Ebene koordiniert. Organisiert werden die Besichtigungen an den Denkmaltagen vorab von den kantonalen und städtischen Fachstellen für Denkmalpflege und Archäologie sowie weiteren am Kulturerbe interessierten Organisationen und Personen.
Im Kanton Zug werden die Denkmaltage vom kantonalen Amt für Denkmalpflege und Archäologie ADA organisiert. «Für uns ist das eine grosse Plattform, wo wir zeigen können, was wir machen und warum es ein Amt wie unseres braucht. Dazu haben wir die Möglichkeit, uns direkt mit der breiten Bevölkerung auszutauschen, was bei unserer Arbeit sonst oft zu kurz kommt», erklärt Karin Artho, Amtsleiterin des ADA.
Der Kanton Zug sei zwar klein, aber er verfüge über ein reichhaltiges Kulturerbe, von den ältesten archäologischen Funden aus der Steinzeit bis hin zu Bauten der Nachkriegszeit. Es gibt die ländlichen Gebiete mit eindrücklichen Bauernhäusern, die in den Berggemeinden voralpin geprägt sind, genauso wie die städtischen Räume; und nicht zu vergessen, ein reiches industrielles Erbe, sagt Karin Artho. «Der Kanton zeigt eine grosse Vielfalt auf kleinem Raum.»
Wie überall in der Schweiz werde der Denkmalschutz auch im Kanton Zug kontroversdiskutiert. «Wir sind ein Wachstumskanton mit einem seit Jahrzehnten anhaltenden Bauboom. Da kommen Baudenkmäler unter Druck.» Aktuelle Stichworte seien verdichtetes Bauen und die Wohnungsnot. Vielfach werde deshalb Neues gefordert. «Es gilt aufzuzeigen, dass Baudenkmäler als sichtbarer Teil unserer Geschichte erhaltenswert sind und dass Neues auch mit Altem geschaffen werden kann», erklärt Karin Artho. «Die Europäischen Tage des Denkmals geben dem ADA und anderen Organisationen die Möglichkeit, der Öffentlichkeit den Sinn des Erhaltens näher zu bringen.»
Die Schweizer Ausgabe der Europäischen Tage des Denkmals finden jedes Jahr unter einem Motto statt. In vergangenen Jahren hiess dieses «Rathäuser», «Verkehrswege», «Gartenräume – Gartenträume», «Stein und Beton» oder «Farben». Das diesjährige Motto ist «Reparieren und Wiederverwenden». Das gefällt Karin Artho. «Vielfach waren die die Themen ohne Aktualitätsbezug, jetzt ist das Motto brandaktuell.» Die Denkmalpflege erhalte die wegweisende Funktion, aufzuzeigen, wie man mit historischer Baukultur umgehen soll. «Sachen flicken und nicht einfach wegwerfen. Das gilt nicht nur für Dinge des Alltags, sondern auch für Gebäude. Das Gerüst, die Hausmauer bleiben ein Teil der Substanz und werden nicht zwangsläufig abgerissen. Diese Prämisse lässt sich auch auf den Umgang mit dem gesamten Baubestand übertragen», Um festzustellen, was ist erhaltenswert und was nicht, brauche es die entsprechenden Fachleute. «Und auch das ist unsere Aufgabe, die geeigneten Personen zusammenzubringen.»
13 Punkte stehen am 9. und 10 September auf dem Programm der beiden Denkmaltage im Kanton Zug . «Wir lassen das Publikum gerne hinter die Kulissen unserer Arbeit schauen», sagt Karin Artho. Dankbar seien Objekte, bei denen zum Beispiel die archäologischen Bauuntersuchungen abgeschlossen seien. Anhand von geborgenen Fundstücken können so bereits erste Erkenntnisse präsentiert werden, wie früher gearbeitet oder gegessen wurde. «Gleichzeitig wurde das gleiche Gebäude aber noch nicht umgebaut. So können wir aufzeigen, welche nächsten Schritte eingeplant sind.»
Karin Artho spricht dabei von Arbeiten an einem 500 Jahre alten Haus in Zug, das die Öffentlichkeit am Denkmaltag besichtigen kann. Ähnliches gilt für das sogenannte Kanonenhaus in Zug. Auf dem Programm stehen auch barocke Wohnkultur in Baar oder das vom Zuger Heimatschutz aufgegriffene Thema «Einst, jetzt, morgen», gezeigt am Beispiel des Schulhauses Städtli 1 in Cham. Dort findet für Kinder auch eine Raumsafari statt. In der Loretokapelle kann das Publikum einer Restauratorin bei ihrer Arbeit zuschauen oder im Ziegeleimuseum in Hagendorn einen Workshop belegen.
Das ADA könne das Angebot nicht allein auf die Beine stellen, erklärt Karin Artho. Sie seien auf das Mitmachen anderer historischer oder kultureller Institutionen angewiesen. Dies sind neben dem Ziegeleimuseum unter anderen das Museum Burg Zug, das Zuger Depot Technikgeschichte in Neuheim, LABforKids, das Museum für Urgeschichte oder der Heimatschutz. «All diese Organisationen machen immer gerne mit, da die Europäischen Tage des Denkmals zu einem jährlichen Kulturevent geworden sind, die beim Publikum auf grosses Interesse stossen», sagt Karin Artho abschliessend.
Renato Cecchet
Programm Europäische Tage des Denkmals im Kanton Zug
Samstag, 9. September
Eröffnung mit Apéro. 11.30 Uhr. Regierungsgebäude Kanton Zug, Seestrasse 2, Zug. Kantonsratssaal. Kurzvoten von Andreas Hostettler (Vorsteher Direktion des Innern), André Wicki (Stadtpräsident Zug) und Karin Artho (Leiterin Amt für Denkmalpflege und Archäologie). Anschliessend Apéro im Garten des Regierungsgebäudes. Platzzahl beschränkt.
500 Jahre Hausgeschichte. Seestrasse 1, Zug Führungen um 9, 10, 13.15 und 15 Uhr (Dauer ca. 1 Stunde). Drei Hausteile, eine komplexe Statik und wertige historische Oberflächen verstecken sich hinter den Fassaden des Eckgebäudes an der Seestrasse 1. Sorgfältig erhalten, restauriert und mit Neuem ergänzt.
Katzen, Kanonen und Keiser. Grabenstrasse 46, Zug Individuelle Besichtigung von 13 bis 16 Uhr mit Vorstellungen an verschiedenen Stationen. Das Kanonenhaus aus dem 16. Jahrhundert wird umgebaut und wir können hinter die Kulissen schauen.
Die Restauratorin am Werk. Loretokapelle, Löberenstrasse, Zug Führungen um 9.45 und 10.30 Uhr. Beim Besuch in der Loretokapelle können Sie der Restauratorin bei der aktuellen Restaurierung der Malereien über die Schulter schauen.
Barocke Wohnkultur in Baar. Sternenweg 9, Baar Führungen um 9.30, 14 und 15 Uhr. Das stattliche Wohnhaus wurde im Jahr 1769 von Johann Jacob Andermatt und dessen Gemahlin Maria Anna Landtwing erbaut. Aktuell wird das Gebäude umgebaut und umsichtig instand gestellt.
Familie Steiners Deubühl. Deibüel 1, Baar Führung um 10 Uhr.Gesamtrenovation des Bauernhauses. Das Bauernhaus Deubühl kann auf eine über 300-jährige Geschichte zurückblicken. Sie ist eng verbunden mit der Familie Steiner aus Baar, die den Hof seit 14 Generationen bewirtschaftet. Auf dem Areal gibt es keine Parkplätze.
Städtli 1: Einst, jetzt, morgen. Johannisstrasse 14, Cham (Treffpunkt Pausenplatz). Führung um 13.30 Uhr. Das Schulhaus Städtli 1 zeigt mit seinen Pavillon-Schulzimmern rund um den Innenhof eine hierarchiebefreite Schulraumtypologie. Pädagogische Vorstellungen führten zu dieser grosszügigen und humanen Architektur, die in der heutigen Zeit zunehmend unter Druck gerät.
Reformierte Kirche Rotkreuz. Kirchenstrasse 5, Rotkreuz Führung um 10 Uhr. Der Architekt Benedikt Huber schuf mit dem Sichtbetonbau ein für die Region aussergewöhnliches, von zeittypischen gestalterischen wie liturgischen Ideen beeinflusstes Werk, das durch seine klar durchdachte Ästhetik und Materialität besticht.
Raumsafari mit LABforKids. Johannisstrasse 14, Cham Safari mit Gestaltungsworkshop für Kinder um 09.30 und 13 Uhr. Welche Orte auf dem Schulareal interessieren dich? Welches sind die grundlegenden Elemente eines Raumes? Welche Bauteile vor Ort sind erhaltenswert und weshalb?
ZDT - Tag der offenen Tore. Zuger Depot Technikgeschichte, Sihlbruggstrasse 51, Neuheim Freie Besichtigung von 10 bis 16 Uhr. Das ZDT zeigt seine grosse Sammlung von alten Feuerwehrfahrzeugen und -gerätschaften, militärhistorischen Exponaten, Militärfahrzeugen, Fahrzeugen aus dem öffentlichen Verkehr und industriehistorischen Sammelstücken.
Sonntag, 10. September
Nachhaltige Baugeschichte? Museum Burg Zug, Kirchenstrasse 11, Zug Führungen um 13 und 15 Uhr. Aus natürlichen und lokalen Baumaterialien im Mittelalter erstellt, ist die Burg Zug historisches Wahrzeichen und baukulturelles Erbe zugleich. Wir gehen dem Prinzip Nachhaltigkeit in früherer und heutiger Zeit nach.
Workshop - Mehr als gewohnt! Ziegelei-Museum, Ziegelhütte, Hagendorn Begleiteter Workshop und Rundgang um 14 und 15.30 Uhr. In einem historisch-archäologischen Workshop entdecken die Teilnehmenden verschlüsselte Botschaften und ihre Hintergründe.
Als Reparieren noch Mode war. Museum für Urgeschichte(n) Zug, Hofstrasse 15, Zug Kurzführungen um 14.15, 15.15 und 16.15 Uhr, Mitmachen von 14 bis 17 Uhr. In der Ur- und Frühgeschichte wurden Dinge geflickt. Jahrtausendealte Waffen, Werkzeuge und Schmuckobjekte tragen Reparaturspuren. In der heutigen Wegwerfgesellschaft versuchen Repair Cafés die Trendwende.
Mehr Infos: www.kulturerbe-entdecken.ch/veranstaltungen
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